Trends & Standards

Die Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung seit den ersten Umweltberichten Anfang der 1990er Jahre verlief rasant. Heute haben Unternehmen, die Transparenz über ihre Nachhaltigkeitsleistung schaffen wollen, eher mit zu viel als mit zu wenigen Orientierungshilfen zu tun. Da die Anforderungen zunehmen und die Rahmenwerke sich stetig erweitern, ist es schwierig, einen Überblick zu bewahren. Die wichtigsten Trends und Standards sind nachfolgend genannt. Insbesondere den KMU bietet sich mit dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex eine gute und vor allem überschaubare Alternative zu dem umfangreichen Regelwerk der Global Reporting Initiative.

 

Deutscher Nachhaltigkeitskodex

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) wurde vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) als vergleichsweise einfaches Transparenzinstrument geplant. Es sollte das Prinzip ?Comply or explain? gelten (Bestätigung, dass den einzelnen Bestimmungen entsprochen wird, Ausnahmen erklären). Durch die allseits gewünschte Kompatibilität mit Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI) gestaltete sich das Werk allerdings etwas komplexer und war für KMU nicht mehr so einfach verständlich.

Nun wurde der DNK leicht überarbeitet und angepasst ? und zwar so, dass er auch für Einsteiger in das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung einfacher zu verstehen ist. Mit seinen 20 Kriterien für nachhaltiges Wirtschaften hilft der DNK den Unternehmen klar zu sehen, was Nachhaltigkeit bedeutet und auf was es bei der Transparenz ankommt. Um auch vor dem Hintergrund der europäischen Berichtspflicht insbesondere KMU einen guten Einstieg in die Berichterstattung zu bieten, hat der RNE gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung einen Leitfaden erarbeitet. Er wird im Herbst 2014 veröffentlicht.

 

Grundsatz der Wesentlichkeit

Wesentlichkeit ist ein aus der angelsächsischen Finanzberichterstattung bekanntes Prinzip: Beim Jahresabschluss müssen alle Tatbestände offengelegt werden, die ?materiell? (wesentlich) sind, weil sie wegen ihrer Größenordnung Einfluss auf das Jahresergebnis haben. Auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung angewendet, heißt dies, alle wesentlichen ökologischen oder sozialen Auswirkungen zu benennen ? wobei nicht nur die eigene Einschätzung, sondern auch die der Stakeholder zählt.

Dieses Prinzip wurde bei den neuen Leitlinien der Global Reporting Initiative (G4) gestärkt: Unternehmen müssen nicht mehr zu allem Auskunft geben, sondern nur noch dort, wo wesentliche Auswirkungen bestehen. Was wesentlich ist und was nicht, ist begründet dazulegen. Auch der Deutsche Nachhaltigkeitskodex betont in seiner überarbeiteten Fassung und dem dazu erstellten Leitfaden für KMU das Prinzip Wesentlichkeit stärker als bisher.

 

Global Reporting Initiative ? G4

Die Global Reporting Initiative (GRI) als international anerkannte Organisation hat 2013 ihre Leitlinien für die Nachhaltigkeitsberichterstattung überarbeitet. Sie liegen nun in der vierten Generation vor (G4). Neben der Stärkung des Wesentlichkeitsprinzips sehen sie eine Ausweitung der Berichterstattung zu den vor- und nachgelagerten Stufen in der Wertschöpfungskette vor. Eine größere Bedeutung als bisher bekommen die Managementansätze, in denen Ziele und Herangehensweisen zu den einzelnen Themen (wie Energie, Abfall, Chancengleichheit, Gesundheit) dazulegen sind.

Gültig ist G4 bereits jetzt, doch können Unternehmen sich auch noch auf G3 beziehen. Ab dem 1. Januar 2016 müssen jedoch alle veröffentlichten Berichte, die auf GRI referenzieren, gemäß G4 erstellt sein. Die eingeübten Berichtslevels A, B, C wird es nicht mehr geben. Unternehmen können bei G4 nur noch zwischen Erfüllungsgrad ?Core? (Kern) und ?Comprehensive? (Umfassend) wählen. Den bisherigen ?Level-Check? durch die GRI löst ein ?Materiality Matters Check? ab. Die G4 Leitlinien stehen in Deutsch zur Verfügung:

Teil 1: Berichterstattungsgrundsätze und Standardangaben

Teil 2: Umsetzungsanleitung

 

 

EMAS

Bei der Europäischen Berichtspflicht wird auch auf EMAS (European Management and Audit Scheme) referenziert. Unternehmen, die daran teilnehmen und ein entsprechendes Management einführen, müssen seit 1995 eine Umwelterklärung vorlegen ? alle drei Jahre eine umfassende, dazwischen eine vereinfachte. Diese ist von einem Umweltgutachter für gültig zu erklären, sprich, zu validieren. Bei vielen Unternehmen, insbesondere KMU, ist die Umwelterklärung Keimzelle der Nachhaltigkeitsberichterstattung geworden. Dass EMAS eine gute Basis und zugleich anschlussfähig an erweiterte Nachhaltigkeitsanforderungen ist, zeigt ein Leitfaden des Umweltgutachterausschusses:

7 gute Gründe für EMAS

 

Global Compact der Vereinten Nationen

Die Fortschrittsmitteilung (Communication on Progress, COP), den der Global Compact von seinen Mitgliedsunternehmen jährlich fordert, kann als vereinfachtes Regelwerk zur Berichterstattung gelten. Die Unternehmen sollen über die Fortschritte berichten, die sie bei der Förderung der zehn Prinzipien des Global Compact gemacht haben. Dabei sollen sie unterscheiden in etablierte Systeme und Leitlinien, ergriffene Maßnahmen und daraus resultierende Ergebnisse. Da sich sechs der zehn Prinzipien auf sozialgesellschaftliche Aspekte wie Menschenrechte, Chancengleichheit, Verzicht auf Kinderarbeit und Zwangsarbeit beziehen, ist die COP als alleiniges Raster für den Bericht eines KMU allerdings nicht dienlich. Zumal die drei Prinzipien zum Thema Umweltschutz sehr vage und wenig anwendungsfreundlich sind. Die Fortschrittsmitteilung bleibt damit eher ein ergänzendes Instrument.

 

ISO 26000

Auch auf diesen Managementleitfaden referenziert die Europäische Berichtspflicht: Die international geltende ISO 26000 zur gesellschaftlichen Verantwortung ist explizit kein zertifizierbarer Standard, auch wenn es bereits nationale Varianten gibt, die zertifizierungsfähig sind (beispielsweise die ONR 192500 in Österreich). Die ISO 26000 beinhaltet auch keine Anleitung zur Berichterstattung. Aber sie benennt die Themen der gesellschaftlichen Verantwortung sehr klar, differenziert und vollständig ? von Umweltschutz über Mitarbeiterverantwortung bis hin zu Lieferkette und Verbraucherinteressen ? und bietet Unternehmen damit einen guten Orientierungsrahmen. Einen knappen Einblick bietet der Leitfaden des ?vbw ? Die bayerische Wirtschaft?:

ISO 26000 ? Leitfaden zum gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen

 

Integrierte Berichterstattung

Die Integrierte Berichterstattung ist eine noch junge Entwicklung. Ihr Ziel: Die Verbesserung der Unternehmensberichterstattung durch eine integrierte und risikoorientiertere Perspektive ? im Interesse der Stakeholder, vor allem aber der Investoren. Das Anliegen wird getrieben vom International Integrated Reporting Council (IIRC), dem standardsetzende Organisationen wie IFRS, IAS, aber auch die GRI und die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften angehören. Dass es in der Realität zunehmend zu einer Zusammenlegung des Geschäfts- und des Nachhaltigkeitsberichts kommt, ist nicht die eigentliche Absicht, aber zwangsläufige Folge. Da eine wahrhaft integrierte Perspektive wie sie das IIRC fordert, meist noch nicht existiert, sprechen viele Unternehmen hier wohlweislich von einem ?kombinierten? Bericht.

The International IR Framework