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16.01.2015 11:37 Alter: 9 yrs
Kategorie: 1-2015, Ökologische Verantwortung

Umweltrat fordert Strategie zur Reduktion der Stickstoffeinträge

Der Eintrag von reaktiven Stickstoffverbindungen in die Umwelt sei zu hoch, er gefährdet die menschliche Gesundheit, die Gewässer, die Biodiversität und das Klima, stellt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) fest und fordert eine entschiedene Stickstoffstrategie.


Übergabe des SRU-Sondergutachtens Stickstoff an Umweltministerin Barbara Hendricks

Gefordert sei sowohl die Landwirtschafts-, Verkehrs- als auch die Energiepolitik, erklärte Prof. Karin Holm-Müller, stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrats bei der Übergabe des Sondergutachtens ?Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem? an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks.

Die Fakten des SRU sprechen für ein rasches Handeln, denn die Belastung der Umwelt mit reaktivem Stickstoff ist ein vielfach unterschätztes Problem. Dabei geht es nicht alleine um die Vermeidung von Nitratbelastungen im Trinkwasser. Die hohen Nährstoffeinträge führen darüber hinaus zu weitreichenden Schäden an der Biodiversität. Zum Beispiel beeinträchtigt die verminderte Vielfalt blühender Pflanzen auf Wiesen und Äckern die Ernährungsgrundlage von Bestäubern wie Bienen. Die Überdüngung der Meere führt zu verstärkter Algenbildung. Sichtbare Folge ist die Schaumbildung an den Stränden der Ost- und Nordsee. Zu hohe Stickstoffoxidkonzentrationen in der Luft gefährden die menschliche Gesundheit, Lachgasemissionen tragen zum Klimawandel bei. Die wichtigsten Ursachen sind die Düngung in der Landwirtschaft und die Verbrennung von Kohle, Öl oder Biomasse.

Außerdem: Wegen der zu hohen Konzentrationen von reaktiven Stickstoffverbindungen in Luft und Gewässern verfehlt Deutschland vielfach die Vorgaben der europäischen Umweltpolitik. 27 Prozent der Grundwasserkörper befinden sich aufgrund einer zu hohen Nitratkonzentration in schlechtem chemischen Zustand, 48 Prozent der natürlichen und naturnahen Ökosysteme an Land sind von Eutrophierung betroffen (Zahl für das Jahr 2009) und an etwa 70 Prozent der innerstädtischen, stark durch den Verkehr beeinflussten Messstationen wird der Langzeitgrenzwert für Stickstoffdioxid in der Luft von 40 μg/m3 überschritten. ?Eine umweltpolitische Vorreiterrolle sieht anders aus?, stellt das federführende Ratsmitglied, Prof. Heidi Foth, fest. Der SRU geht davon aus, dass mindestens eine Halbierung der Stickstoffeinträge in Deutschland und der EU notwendig wäre, um nationale und internationale Qualitätsziele zu erreichen.

Um dem Thema ein angemessenes politisches Gewicht und eine deutlich höhere öffentliche Aufmerksamkeit zu verleihen, empfiehlt der SRU daher eine Stickstoffstrategie. Diese sollte von Bund und Ländern gemeinsam entwickelt werden.

Der SRU macht in seinem Gutachten über 40 Handlungsvorschläge. Aktuelle Handlungsprioritäten sind:

- Die Novelle der Düngeverordnung (DÜV), die die Ausbringung von Gülle oder Gärresten regeln soll: Sie bietet die Chance deutlich verminderter Nährstoffaufbringung. Sie verringert gleichzeitig die Nitratbelastung, die Ammoniak- und die Lachgasemissionen. Somit ist sie Gewässerschutz, Luftreinhaltepolitik und Klimaschutz in einem. Der Referentenentwurf vom Dezember 2014 würde Verbesserungen bringen, die aber noch nicht ausreichend sind. Wichtig ist vor allem: ohne scharfe Kontrollen und Sanktionen nützen die strengsten Vorgaben wenig.

- Die Einführung einer Umweltabgabe auf Stickstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft als Ergänzung zu ordnungsrechtlichen Vorgaben: Der Minderungsbedarf ist so hoch, dass ökonomische Anreize für weitere Maßnahmen verstärkt werden müssen.

- Die Weiterentwicklung der europäischen Luftreinhaltepolitik: Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die ursprünglich vorgeschlagenen strengeren Reduktionsziele für Ammoniak und Stickstoffoxide für 2030 nicht aufgegeben werden. Der SRU bewertet daher die Entscheidung der Europäischen Kommission, die Behandlung aktueller Vorschläge zu verschieben, als ökonomisch und ökologisch kurzsichtig.

Das Sondergutachten ?Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem? kann unter www.umweltrat.de heruntergeladen werden.