future-Newsletter Juli 2012

22.06.2012

Neue Impulse für Energie- und CO2-Steuern

Energie- und CO2-Steuern taugen zur Haushaltskonsolidierung in Europa ? und zwar besser als eine Erhöhung der Mehrwertsteuern oder der Abgaben auf Arbeit. Das ist ein zentrales Ergebnis einer Studie der beiden europäischen Denkfabriken European Climate Foundation und Green Budget Europe, die sich für ein nachhaltigeres Politik- und Finanzsystem einsetzen. Der ehemalige Bundesfinanzminister Hans Eichel und weitere Ex-Spitzenpolitiker aus der Europäischen Union rufen ihre amtierenden Kollegen in einem offenen Brief dazu auf, diese Ergebnisse ernst zu nehmen. Berater des Bundeswirtschaftsministeriums hatten kürzlich für eine globale CO2-Steuer geworben.

Die momentane Energiebesteuerung in Europa sei nicht nachhaltig und deshalb empfehlen die prominenten Politiker die Ergebnisse der Studie ernsthaft zu beraten. Unterzeichnet haben den offenen Brief neben Eichel der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler aus Österreich, der Ex-Vizekanzler des Landes Hans Riegler, Martin Bursik, der in der Tschechischen Republik das Umweltressort geleitet hat, und der ehemalige griechische Finanzminister Yannis Palaiokrassas.

Wie eine direkte Besteuerung des Energieverbrauchs zur Haushaltskonsolidierung beitragen könnte, zeigt die Studie anhand von Modellrechnungen in Ungarn, Polen und Spanien. In diesen Ländern werden viele CO2-Emittenten wie die Haushalte oder Unternehmen bislang kaum oder gar nicht besteuert. Änderten die Länderregierungen diess, könnten sie laut Studie ihr Wachstum kräftig ankurbeln und viel Geld einnehmen: Die Wirtschaftsleistung stiege bis 2020 in jedem der drei Länder um 1,0 bis 1,3 Prozent. Die spanische Regierung könnte so jährlich mehr als zehn Milliarden Euro einnehmen, Polen fünf und Ungarn eine Milliarde Euro.
Gegenüber der Anhebung der Mehrwert- oder Einkommenssteuer versprächen CO2- oder Energiesteuern zudem weitere Vorteile: Sie schlügen weniger auf das Wirtschaftswachstum durch, führten zu einem effizienteren Klimaschutz und sinkenden Emissionen und könnten zusätzlich die Sicherheit der Energieversorgung verbessern, da sie oftmals zu einem Rückgang der Energieimporte führten. Da das Ziel der Studie war, zusätzliche Einnahmequellen für die leeren Kassen der EU-Staaten unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu untersuchen, betrachtet sie nicht die Umgestaltung bestehender Steuerinstrumente, wie beispielsweise eine ?Ökologisierung? der Mehrwertsteuer, die für ressourcen- und umweltschonende Produkte und Dienstleistungen ermäßigte Steuertarife vorsähe. In diese Richtung gehen die aktuellen Empfehlungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen.

Bereits im März hatte sich der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in einem Gutachten für die Einführung einer internationalen Mindeststeuer auf CO2-Emissionen ausgesprochen. Damit ließen sich die Chancen verbessern bei den internationalen Verhandlungen, ein Nachfolgeabkommen zum auslaufenden Kyoto-Klimaschutzabkommen zu erreichen. Nach Einschätzung des Beirats sei dieses bisher auch deshalb nicht zustande gekommen, weil sich die Staaten nicht einigen konnten, wer wie viel CO2 ausstoßen darf. Eine Steuer würde diesen ?verteilungspolitischen Aspekt aus den Verhandlungen eliminieren?, heißt es in dem Gutachten. Emissionssteuern statt Zuteilung von Emissionsmengen ? so lautet nach Einschätzung der Regierungsberater die Formel für einen Durchbruch bei den Klimaschutzverhandlungen. Damit könnte nach ihrer Einschätzung der Der Hauptstreitpunkt ? die gerechte Aufteilung von CO2-Mengen zwischen den Staaten ? aufgelöst werden. Und: Die Einnahmen aus der Steuer blieben den sie erhebenden Ländern erhalten. Bei der Vorstellung des Gutachtens konnte sich - nach einem Bericht des Nachhaltigkeitsrats - Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler jedoch nicht mit dem Konzept anfreunden, eine internationale Steuer auf CO2-Emissionen sehe er jedoch ?mit erheblicher Skepsis?.

Weitere Informationen gibt es auf der Website des Forums ökologisch-soziale Marktwirtschaft: www.foes.de.