future-Newsletter Mai 2012

29.03.2012

Nachhaltigkeitsrating: Nur wenige Unternehmen fit für die Zukunft

Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit kommen die meisten Branchen nicht schnell genug voran. 3100 Unternehmen aus 50 Ländern hat die Münchener Ratingagentur oekom research auf ihre Nachhaltigkeitsleistung untersucht. Nachhaltig ist nur jedes sechste. In den Branchen mit der größten Wirkung tut sich überhaupt nichts.

Nachhaltiges Wirtschaften feiert in diesem Jahr zwanzigjähriges Jubiläum. Beim Rio+20-Gipfel im Sommer wird Bilanz gezogen, doch die Aussichten scheinen düster. In zwei Jahrzehnten nach dem entscheidenden globalen Commitment zur Nachhaltigkeit wirtschaftet offenbar nur eine Minderheit der Unternehmen wirklich nachhaltig. Zumindest geht das aus einem Mitte März veröffentlichten oekom Corporate Responsibility Review 2012 hervor.

Über 60 Prozent inaktiv

Nur 17,1 Prozent der über 3.100 bewerteten Unternehmen verdienen demnach den oekom Prime Status, dem höchsten Rating für Nachhaltigkeit. Dazu zählen rund 300 konventionelle Großunternehmen aller Branchen sowie etwa 180 kleine und mittelständische Unternehmen aus Branchen wie erneuerbare Energien und Recycling.

Erste gute Ansätze im Nachhaltigkeitsmanagement zeigen weitere 25 Prozent. "Ihnen fehlt aber noch die systematische und flächendeckende Verankerung entsprechender Aspekte im Management,? erläutert Matthias Bönning, COO und Head of Research von oekom research. ?Über 57 Prozent der von uns bewerteten Unternehmen sind aber bisher kaum oder gar nicht aktiv.?

Banken unterdurchschnittlich

Besonders gering ausgeprägt sind die Nachhaltigkeitsleistungen in den Branchen, die eine Schlüsselrolle für eine nachhaltige Entwicklung haben: Nur 23 der von oekom research bewerteten 294 Banken (7,8 Prozent) zeigen ein ausreichendes Engagement, um den oekom Prime Status zu erreichen. Durch die Berücksichtigung von Umweltkriterien bei der Vergaben von Krediten und Kapitalanlagen könnten jedoch gerade sie wichtige Weichen in Richtung einer Green Economy stellen.

Weiterhin schlecht: Energie- und Wasserversorger

Ebenso bedeutend für die nachhaltige Entwicklung ist die Energie- und Wasserversorgung. Tatsächlich investiert ein großer Teil der 154 von oekom research bewerteten Energieversorger in erneuerbare Energien. Dennoch bilden Kohle, Öl und in einigen Ländern auch die Atomenergie immer noch das Rückgrat der Energieversorgung. Den Prime Status erreichen hier nur 13 Prozent der Unternehmen. Zudem verstößt jedes dritte von oekom research bewertete Unternehmen der Öl- und Gasbranche aktuell gegen grundlegende Umweltstandards.

IT: Nur ein Drittel gut

Nicht besser sieht es in der IT-Branche aus. Hier gibt es deutliche Defizite bei den Arbeitsrechten. In den asiatischen Fertigungsstätten hat man es häufig mit Diskriminierung, mangelhaften Gesundheits- und Arbeitssicherheitsstandards, massiven Zwangsüberstunden oder Bezahlungen unterhalb der Mindestlöhne zu tun. Die Mindestanforderungen an das Nachhaltigkeitsmanagementur erfüllen derzeit nur 33 der insgesamt 205 bewerteten IT-Unternehmen.

Immerhin: Europäer vorn

Die Hersteller von Haushaltsprodukten erreichen im Branchenvergleich mit durchschnittlich 46,5 von 100 möglichen Punkten die beste Bewertung. Hier steht der deutsche Wasch- und Reinigungsmittelhersteller Henkel an der Spitze. Auf die weiteren Ränge kommen die Computerhersteller (42,0) mit dem Spitzenreiter Ricoh (Japan) und die Automobilindustrie (40,9), in der aktuell Renault (Frankreich) die beste Nachhaltigkeitsleistung zeigt. Wie groß der Verbesserungsbedarf nach wie vor ist, zeigt die selbst in den besten Branchen insgesamt niedrige Punktzahl.

Immerhin haben europäische Unternehmen Im Ländervergleich die Nase vorn. Auf Basis der im Aktienindex MSCI World gelisteten Unternehmen erreichen mehr als 40 Prozent der dänischen, deutschen und britischen Unternehmen den oekom Prime Status. Knapp jedes Dritte der französischen Unternehmen schafft den Sprung in die Auswahl, in der Schweiz und Österreich gut jedes Vierte. In den wichtigen Industrienationen USA und Japan zeigt nicht einmal jedes zehnte Unternehmen ein ausreichendes Engagement für eine nachhaltige Entwicklung.