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28.02.2014 13:12 Alter: 10 yrs
Kategorie: 2-2014, Verantwortliche Unternehmensführung

Berichtspflicht: EU-Mitgliedstaaten wollen soziale und ökologische Transparenzvorschriften für Unternehmen

Börsennotierte Unternehmen aus Europa sollen künftig über Risiken ihrer Tätigkeit für Menschen- und Arbeitnehmerrechte sowie die Umwelt berichten müssen. Darauf einigten sich am 26. Februar die zuständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel nach zähen Verhandlungen.


Logo der Pressestelle der EU-Kommission

Trotz zahlreicher Zugeständnisse seitens des Europaparlaments, das strengere Vorschriften wollte, stimmte Deutschland dem Kompromissvorschlag nicht zu, sondern enthielt sich der Stimme. Bis Mai 2014 müssen das Europaparlament sowie der EU-Ministerrat diesem Vorschlag noch formal zustimmen. Danach erfolgt die nationale Umsetzung.

?Ein schlechteres Zeichen hätte die neue Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt nicht setzen können. Verbindliche Offenlegungspflichten sind essentiell, damit Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachweislich nachkommen", kritisiert Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch.

Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sah vor, dass große Unternehmen in ihren Lageberichten über Risiken für Umwelt, Menschenrechte und soziale Aspekte berichten müssen. In den nachfolgenden Verhandlungen mit EU-Kommission und Europaparlament hatten die alte und die neue Bundesregierung weitreichende Änderungen durchgesetzt, die die Anforderungen an Unternehmen gesenkt haben. So sollen nach dem am 26. Februar verhandelten Papier nur noch Unternehmen von öffentlichem Interesse ? gemeint sind börsennotierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen ? berichten. Diese Einschränkung reduziert die Anzahl der betroffenen Unternehmen in der EU von ursprünglich 18.000 auf rund 6.000. Ferner müssen die Informationen nicht mehr im Lagebericht veröffentlicht werden. Separate Berichte, die keiner Wirtschaftsprüfung unterliegen, sollen ausreichen. Dies verringere die Relevanz der Berichte, beklagt Germanwatch.

Der abgestimmte Kompromissvorschlag sieht vor, dass börsennotierte Unternehmen zumindest wenn diese relevant sind, auch über Risiken für Mensch und Umwelt entlang ihrer Zulieferbeziehungen berichten müssen. "Ölkonzerne müssten somit über das Abfackeln von Gas bei der Förderung berichten und Textilunternehmen die menschenrechtlichen Risiken in der Zulieferkette berücksichtigen", so Heike Drillisch, Koordinatorin des CorA-Netzwerkes für Unternehmensverantwortung.

Von der EU-Kommission werden in den nächsten zwei Jahren Orientierungshilfen für Unternehmen für das Erstellen von Berichten erwartet. Eine Evaluation der Regelungen ist nach vier Jahren geplant.

future-Vorstand Sabine Braun hatte in ihrem Standpunkt Europäische Berichtspflicht: Transparenz als Selbstzweck? die Berichtspflicht im Mai 2013 kritisiert, während die beiden Wissenschaftlerinnen Johanna Kusch und Brigitte Biermann diese in ihrem Gegenstandpunkt Transparenz Jetzt! deutlich begrüßten.

future-Geschäftsführer Dr. Udo Westermann äußerte sich in einer Meldung von csr-news.net zu der aktuellen Einigung ? sowohl zustimmend als auch kritisch: "Wir begrüßen, dass die untere Grenze für die Berichtspflicht auf 500 Mitarbeiter hochgesetzt wurde. Zugleich bedauern wir die Begrenzung auf börsennotierte Unternehmen und Finanzdienstleister." Die Größe eines Unternehmens sei gesellschaftlich relevanter als der Börsenhandel seiner Anteile, so Westermann in CSR-News. Unternehmen müssten gleichzeitig erkennen, dass ein Bericht nicht automatisch zu mehr Nachhaltigkeit führe. Er sieht die Gefahr, dass bisher-nicht-berichtende Unternehmen die Berichtspflicht an ihre Rechtsabteilungen und externe Berater delegieren ? und sich dem dahinter stehenden Ansatz des stärkeren nachhaltigen Wirtschaftens verweigern. Er kündigte an, dass future entsprechende Lernworkshops anbieten wird, die Unternehmen bei der strategischen Integration des Nachhaltigkeitsmanagements unterstützen. Zudem hätten die Unternehmen einige Zeit zur Vorbereitung, denn die Umsetzung der Richtlinie werde mindestens zwei Jahre dauern, erwartet Westermann.