future-Standpunkt zum Grünbuch des Energieministeriums

Mehr Grün für das Grünbuch

Standpunkt von future-Vorstand Karl-Heinz-Kenkel zum Grünbuch ?Ein Strommarkt für die Energiewende? im März 2015

?Die Stromversorgung muss bei wachsenden Anteilen von Wind- und Sonnenstrom zuverlässig und kosteneffizient bleiben?, an dieser Vorgabe soll sich das zukünftige Strommarktdesign orientieren, wie das Bundeswirtschaftsministerium in der Pressemitteilung zur Vorstellung des Grünbuchs ?Ein Strommarkt für die Energiewende? erläuterte. Selbstverständlichkeiten also: Die Bereitstellung von Strom muss in einem Industrieland wie Deutschland zuverlässig sein und sie muss zu verträglichen Kosten erfolgen. Aber sie muss auch dem Gebot der Nachhaltigkeit entsprechen, also bei der Kosteneffizienz auch die soziale Gerechtigkeit im Blick haben und den Umwelt- und Klimaschutz vorantreiben. Letzterer Anforderung wird das Grünbuch auf den ersten Blick auch gerecht, indem es das Ziel bekräftigt, die Treibhausgasemissionen in Deutschland um 40 Prozent (gegenüber 1990) verringern zu wollen. Doch der zweite Blick geht auf der Suche nach den konkreten Maßnahmen für die Erreichung des Klimaschutzziels ins Leere. Stattdessen ruht man sich auf dem bisher Erreichten aus. Der Strommarkt in seinem derzeitigen Design habe sich bewährt, der Ausbau der Erneuerbaren Energien sei soweit gelungen und der Ausstieg aus der Atomkraft ebenfalls. Jetzt gehe es um die so genannten ?Sowieso-Maßnahmen?, womit im Wesentlichen der Ausbau des Stromnetzes im geplanten Umfang gemeint ist.

Statt die dezentralen Aspekte der Energiewende zu stärken, den Ausbau der Stromspeicherung und die bessere Verknüpfung der Anlagen im regionalen Maßstab, wird weiterhin der Ausbau der Offshore-Windenergie mit dem weiträumigen Stromtransport nach Bayern verbunden. Das ist weder unter Kostenaspekten, noch unter dem Gesichtspunkt einer fairen Verteilung der Belastungen durch die neuen Erzeugungs- und Netzstrukturen die optimale Lösung. Und völlig außerhalb der Planerfantasie bleibt offensichtlich die Versorgungssicherheit. Nach einem Bericht des Bundestagsausschusses für Technikfolgenabschätzung, der in dem lesbaren Roman Blackout von Marc Elsberg aufgearbeitet ist, gilt ein längerer Netzausfall in den Großstrukturen der deutschen Stromversorgung als ?nicht beherrschbar?. Die Alternative könnte die Stärkung regionaler Netzstrukturen sein.

Für das zukünftige Strommarktdesign sieht das Grünbuch ?zwei grundsätzliche Lösungsansätze?: einen optimierten Strommarkt (Strommarkt 2.0) oder neben diesem einen zweiten Markt für die Vorhaltung von Kapazitäten (Kapazitätsmarkt). Letzterer würde wohl den Interessen der großen Energiekonzerne entsprechen, die so die Vorhaltung von Kohle- und Gaskraftwerken als Reserve für Netzschwankungen honoriert bekommen wollen. Energieminister Gabriel scheint diese Variante nicht zu befürworten, wie sich einem Handelsblatt-Interview entnehmen lässt. Das ist gut so.

Besser wäre aus unserer Sicht die Erweiterung des Grünbuchs auf den gesamten Energiemarkt und nicht die Konzentration auf die Stromwirtschaft. Insbesondere die Einbeziehung von Speicherung auf der Basis von Power-to-Gas- oder Power-to-Heat-Konzepten müsste einbezogen werden, um nicht zu fragwürdigen Kapazitätsplanungen zu kommen ? so wie es auch das Umweltbundesamt in der Studie Treibhausgasneutrales Deutschland 2050 vorschlägt. Die Integration von Energiespeichern in das Energiesystem und in den Energiemarkt scheint uns eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Energiewende an sich zu sein.

Das derzeitige Strommarktdesign kommt vor allem großen Unternehmen zugute. Sie zahlen ? abhängig von der Verbrauchsmenge und unabhängig von der Länge des Transportweges ? mit Abstand die geringsten spezifischen Kosten für Strom. Das schafft keinen Anreiz, Energie zu sparen.

Die Lasten für den Aufbau der Infrastruktur für die Erneuerbaren Energien und den Ausbau der Verteilernetze tragen in erster Linie kleine Mittelständler, Handel und Gewerbe sowie die Haushalte. Diese Ungleichgewichte thematisiert das Grünbuch gar nicht. Mit dem Nachhaltigkeitsgedanken passt das alles nicht zusammen und wir empfehlen deshalb dringend: Nachbessern!

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