future-Standpunkt November 2014

Berichtspflicht: Conditio sine qua non

Aktueller Standpunkt zur Berichtspflicht für Unternehmen von Sabine Braun, Vorstandsmitglied future e.V. - verantwortung unternehmen

Eine europäische Transparenzpflicht war zuletzt das Gebot der Stunde. Als verspätete Antwort auf die Finanzmarktkrise, das seither steigende Wertebewusstsein und die großen Fragen: Was legitimiert Unternehmen zu ihrem oft riskanten Handeln, was macht Wirtschaft überhaupt und was einzelne Unternehmen stabil? Dass die Pflicht nun in abgeschwächter Form kommt und nur kapitalmarktorientierte Unternehmen trifft, sollte kein Unternehmen in Sicherheit wiegen. Transparenz ist einer der großen Trends unserer Zeit. Und das zurecht. Zu viel wird verschleiert und gemauschelt. Da muss man nicht die Billigproduktion von Markenherstellern in Schwellen- und Entwicklungsländern heranziehen und auch keine Lebensmittelskandale in der Europäischen Union.

Die Mauschelei beginnt im eigenen Land: Bußgelder wegen Kartellverstößen haben in Deutschland aktuell ein Rekordniveau erreicht. Ob Zucker, Kartoffeln, Eisenbahnschienen oder Wurst: Manche Unternehmen glauben, Preise bestimmen und die Marktwirtschaft außer Kraft setzen zu können, wie es ihnen beliebt ? ein Verständnis von vorgestern. Es ist gut, dass es Geldbußen dafür gibt. Besser wäre aber die tiefe Einsicht, dass solches Handeln die Akzeptanz der Wirtschaft untergräbt. Nicht umsonst lag Ludwig Erhard, dem Vater der sozialen Marktwirtschaft, das Kartellverbot besonders am Herzen. Er machte die Wirtschaft nach ihren unsäglichen Verquickungen mit dem nationalsozialistischen Regime damit wieder zum Teil der Gesellschaft. Denn in einer demokratischen Gesellschaft leben die Unternehmen davon, dass sie die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten erkennen und befriedigen ? und nicht von der Erfüllung planwirtschaftlicher Ziele oder nationaler Interessen einer fragwürdigen politischen Führung.

Dass nur jene Unternehmen langfristig erfolgreich sein werden, die offen sind, neue Herausforderungen und Bedürfnisse rasch zu erkennen, ist heute eine Binsenweisheit. Und trotzdem kann man es nicht oft genug wiederholen! Die Transparenzpflicht macht ?Mauschelei? in allen Bereichen ? vom Umweltschutz über Menschenrechte in der Lieferkette bis hin zu Antikorruption ? zumindest schwieriger und öffnet zugleich das Bewusstsein der Unternehmen dafür, dass sie Teil der Gesellschaft sind und langfristig auch nur als solcher Erfolg haben werden. Insofern ist es sehr bedauerlich, dass sich die Transparenzpflicht auf börsennotierte Unternehmen beschränkt. Den frischen Wind der Transparenz mögen aber auch die anderen spüren. Denn angesichts wachsender Beobachtung in einer weltweit per Facebook & Co. vernetzten Gesellschaft kann er für jedes Unternehmen mitunter eiskalt werden!

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