future-Standpunkt zur Pkw-Maut

PKW-Maut: So nicht!

Standpunkt von future-Vorstand Winfried Eismann zur geplanten Pkw-Maut

Um die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland steht es nicht zum Besten. Nach dem Bericht der Kommission Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung (Daehre-Kommission) aus dem Jahr 2012 besteht allein auf Bundesebene ein zusätzlicher Finanzbedarf von 3,2 Milliarden Euro, insgesamt wird der Fehlbetrag für die Erhaltung der öffentlichen Infrastruktur einschließlich der Schienenwege mit 7,2 Milliarden Euro beziffert. Die Einnahmen aus der Lkw-Maut reichen nicht aus, um die Finanzierungslücke zu schließen, selbst wenn aufgrund des niedrigen Zinsniveaus eine gewisse Entspannung der Situation eintritt.

Um weitere Mittel für den Erhalt des Straßensystems zu gewinnen, sollen jetzt zusätzlich die Autofahrer/innen zur Kasse gebeten werden. Nachdem sie mit reichlich Wahlkampfgetöse und wirkungsvollem Duftmarkensetzen in den Koalitionsverhandlungen von der CSU durchgesetzt wurde, hat der von ihr gestellte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt jetzt sein Konzept für die Pkw-Maut vorgestellt. Sie soll ab 2016 als umfassende ?Infrastrukturabgabe? auf die Benutzung aller Straßen in Deutschland erhoben werden. Die deutschen Autobesitzer/innen müssen eine Jahresvignette erwerben, deren Preis sich nach der Umweltfreundlichkeit, dem Hubraum und dem Zulassungsjahr ihrer Fahrzeuge richtet ? entsprechend der Systematik im Kraftfahrzeugsteuergesetz. Die erwarteten Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe werden mit 625 Millionen Euro im Jahr angegeben. Um den Fehlbetrag zur Erhaltung des Straßennetzes von über einer Milliarde Euro auszugleichen, wird diese Summe keineswegs ausreichen. Deutschland wäre das einzige EU-Land, in dem eine Maut-Pflicht für das gesamte öffentliche Straßennetz gilt. Der Aufwand, diese zu erheben, flächendeckend zu kontrollieren und mit Mautstellen an den Grenzen durchzusetzen, würde die Gewinne aufzehren oder sogar übersteigen, wird vermutet.

Deutsche Automobilisten, das wird Minister Dobrindt nicht müde zu betonen, sollen durch die Pkw-Maut nicht zusätzlich belastet werden. Es gehe nur darum, dass Ausländer jetzt auch für die Benutzung deutscher Straßen zahlen ? analog zu der Maut, die deutschen Autofahrer/innen in einigen europäischen Nachbarländern abverlangt wird. Infrastrukturabgabe auf der einen Seite und Kfz-Steuer auf der anderen, beide sollen getrennt gehalten und doch miteinander verrechnet werden. Ob diese Worthülsenakrobatik allein ausreicht, die Hürde des EU-Rechts zu nehmen, das eine solche Verbindung ausschließt und die Gleichbehandlung aller EU-Bürger verlangt, sei hier dahingestellt.

Uns interessiert die Frage, ob dieses Konzept für die Erhebung einer Straßenbenutzungsgebühr als Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität zu bewerten ist.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass das Konzept die Lenkungswirkung, die von einer solchen Abgabe im Sinn einer nachhaltigen Entwicklung zu erwarten ist, gar nicht anstrebt. Mindestbedingung für eine Straßenbenutzungsgebühr in diesem Sinn müsste sein, dass sie das Verursacherprinzip beachtet, nach dem Motto: ?Wer viel fährt, zahlt mehr?. Die nötige Bemessung der Fahrleistung ist mit dem Vignettensystem gar nicht möglich, dazu wäre eine elektronische Datenerhebung erforderlich.

Ganz ohne solchen technischen Aufwand ist eine bereits vorhandene Steuer in der Lage, dem genannten Grundsatz Geltung zu verschaffen: die Mineralölsteuer. Wer viel fährt, die Straßen stark nutzt und dabei viel CO2 ausstößt, zahlt mehr Steuern. Eine Erhöhung der Mineralölsteuer könnte zusätzliche Mittel für den Infrastrukturerhalt und ?ausbau gewinnen und gleichzeitig einen Anreiz schaffen, weniger zu fahren und damit weniger Abgase zu erzeugen. Zusätzliche Einnahmen ließen sich so erzielen, dass auch dem Klimaschutz Rechnung getragen wird.

Im Verkehrssektor sind in den letzten Jahren kaum Fortschritte in Sachen Emissionsreduzierung zu verzeichnen. Nach wie vor sind die mobilen Verbrennungsmotoren auf unseren Straßen für rund ein Fünftel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Bemühungen, den CO2-Ausstoß des einzelnen Fahrzeugs zu verringern, werden (weltweit) durch den enorm wachsenden Fahrzeugbestand mehr als kompensiert. Dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist das Gebot der Stunde ? und die Maut-Pläne von Bundesverkehrsminister Dobrindt bieten nicht im Ansatz eine Lösungsperspektive.

Ein probates Mittel, mehr Einnahmen für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur zu erzielen, wäre der Abbau von Steuervergünstigungen im Verkehrsbereich. Eine effektive Maßnahme, die mehr Gerechtigkeit und einen umweltverträglicheren Fahrzeugpark schafft, wäre die Abschaffung des steuerlichen ?Dienstwagenprivilegs?. Dienst- und Firmenwagen sind steuerlich so sehr begünstigt, dass es für einen Arbeitnehmer lohnenswerter ist, sich für einen Dienstwagen anstatt für mehr Gehalt zu entscheiden. Zudem kommt nur derjenige, der durch seinen Job einen Dienstwagen hat, in den Genuss dieser Regelung ? was diese höchst unsozial macht. Eine Reform der Dienstwagenbesteuerung würde laut einer Studie zu mehr Einnahmen in der Größenordnung von drei Milliarden Euro führen, erhöhte die soziale Gerechtigkeit und diente dem Klimaschutz. Sie wäre ein echter Beitrag zu nachhaltiger Mobilität.

-> Wir laden Sie wie immer herzlich ein, diesen Standpunkt unten zu kommentieren.

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