future-Standpunkt zur Koalitionsvereinbarung, Dezember 2013

Chancen für starke Nachhaltigkeit nicht genutzt

Standpunkt von future-Vorstand Karl-Heinz-Kenkel zum Entwurf der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD 2013.

Eine große Koalition hat eine deutliche Mehrheit. Diese könnte sie nutzen, um eine Politik zu verwirklichen, die nicht auf jeden Bedenkenträger Rücksicht nimmt, sondern beispielsweise in Sachen Klimaschutz und Nachhaltiger Entwicklung entschlossen für den nötigen Fortschritt sorgt.

Setzt man diese Themen als Maßstab für den 184 Seiten umfassenden jetzt unterzeichneten Entwurf der Koalitionsvereinbarung der zukünftigen Regierung aus CDU/CSU und SPD, dann zeigt sich schnell, dass diese Chance nicht genutzt wurde: Ein wenig Licht und viel Schatten.

Mindestlohn ist eine Chance

Relativ hell strahlt die Verabredung zum gesetzlichen Mindestlohn. Auch wenn die Bedenken einiger Wirtschaftsverbände ernst zu nehmen sind, dass auch Arbeitsplätze abgebaut werden könnten, sehen wir ihn mit der endgültigen Einführung 2017, der gewählten Lohnhöhe und der Einbindung der Tarifparteien eher als Beitrag zur Stärkung der Binnennachfrage. Außerdem wird damit in einzelnen Wirtschaftsbranchen den Klagen europäischer Nachbarn über Dumpinglöhne in Deutschland die Substanz entzogen. In diesem Sinn bewerten wir auch die deutliche Absichtserklärung als zukunftsweisend: ?Den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit werden wir verhindern?. Wie dies geschehen soll, ist allerdings noch offen.

Keine Entschlossenheit

Damit ist ein grundsätzliches Problem der Vereinbarung benannt: Die Entschlossenheit, die in allgemeinen Absichtserklärungen formuliert wird, findet sich auf der Ebene der geplanten Maßnahmen kaum noch wieder. Dies gilt ganz besonders für die Themen Klimaschutz und Emissionshandel. Zwar wird das nationale Klimaschutzziel bekräftigt, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu senken, doch muss bezweifelt werden, dass es tatsächlich erreicht wird. Der Zubau an Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien soll deutlich begrenzt werden, die fossilen Kraftwerke werden (als Residualkraftwerke für das Lastmanagement im Netz) für unverzichtbar erklärt und der Handel mit CO2-Zertifikaten wird weder national noch europaweit zu dem schlagkräftigen und marktkonformen Klimaschutzinstrument ausgebaut, das er sein könnte. Das Gesetz, in dem eine verbindliche Strategie und geeignete Maßnahmen festgelegt werden könnten, das Klimaschutzgesetz, kommt in der Vereinbarung nicht vor.

NAP Energieeffizienz

Dem zweiten zentralen Baustein der Energiewende, die Steigerung der Energieeffizienz, widmet das Koalitionspapier breiten Raum. Mit einem ?Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz? will die Koalition die Ziele für die verschiedenen Bereiche, die Instrumente, die Finanzierung und die Verantwortung der einzelnen Akteure zusammenfassen. Außer dem Etikett und der Bündelung der verschiedenen Handlungsebenen und -ansätze wird dabei nur Bestehendes fortgesetzt. Effizienzmaßnahmen in der Wirtschaft, in Kommunen und privaten Haushalten werden weiterhin aus dem Klima- und Energiefonds gefördert. Die energetische Gebäudesanierung kann auf die Unterstützung durch die Kreditprogramme der KfW setzen.

Denken in Großstrukturen

Insgesamt sind die Vereinbarungen zum Umbau der Energiewirtschaft durch traditionelles Denken in Großstrukturen geprägt. Das wird der Energiewende nicht gerecht, die eine dezentrale Struktur erfordert und diese bereits mit Tausenden von Solaranlagen im Ansatz auch geschaffen hat. Es wird kontraproduktiv, wenn die Koalitionäre beispielsweise eine wachsende Zahl an Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen nicht als Entlastung für das Stromnetz und dessen Stabilität erkennen. In der Konsequenz konnten sie sich auch hier nur auf den Erhalt des Status-quo verständigen: Am KWK-Ausbauziel von 25 Prozent bis 2020 wird festgehalten.

Kein würdiges Signal

So wird die zukünftige Bundesregierung ihr Ziel, die Energiewende zu einer ?Erfolgsgeschichte? zu machen, kaum erreichen. Und nachdem das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in den letzten Jahren zu einem Exportschlager deutscher Klima- und Umweltschutzpolitik geworden ist, entzieht ihm die wahrscheinliche neue Regierung die Wirkung. In Anbetracht der wenig ambitionierten Klimaschutzkonferenz in Warschau und der gleichzeitig deutlichen Mahnungen des Weltklimarats (IPCC), dass mehr Engagement zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels nötig ist, wäre ein deutliches Signal nötig gewesen. Eines, das zeigt: Eine der führenden Industrienationen der Welt sichert den Wohlstand seiner Bevölkerung auf der Basis Erneuerbarer Energien.

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