Standpunkt zur Strompreisdebatte, September 2013

Keine Wende der Energiewende

Standpunkt von future-Vorstand Karl-Heinz-Kenkel zur Debatte über den Strompreistreiber Erneuerbare Energien.

Strom muss bezahlbar bleiben. Wer wollte dieser Forderung widersprechen?! Ihr zu folgen wird jedoch weitaus schwieriger, wenn es um die Kürzung oder ?Deckelung? der Förderung von Erneuerbaren Energien (EE) auf der Grundlage der EEG-Umlage geht. Ganz aktuell wird sogar ihr Ersatz durch ein Quotenmodell, nach dem Energieversorger einen bestimmten Anteil von EE im Portfolio haben müssen, von der Monopolkommission ins Spiel gebracht.

Ohne auf diesen Vorschlag hier ausführlich eingehen zu können, meinen wir, dass er der Förderung von EE weniger gut dient als das EEG-Modell einer gesicherten Einspeisevergütung. Das wurde von vielen Ländern übernommen und bietet erheblich größere Investitionssicherheit als das Quotenmodell, das übrigens in Großbritannien und Schweden ohne Erfolg eingesetzt wurde und im ersten Fall schon wieder abgeschafft ist.

Doppelstruktur treibt Preise

Sicher muss die Förderung nach dem EEG der stärker gewordenen Stellung von Wind- und Solarstrom im Markt angepasst werden. Dies darf aber nicht zulasten des zügigen Ausbaus der EE gehen. Das kann nicht der Sinn der Energiewende sein.

Bei der derzeitigen politischen Debatte dazu wird gern übersehen, dass die gestiegenen Strompreise nicht ausschließlich auf die Förderung der EE zurückzuführen ist. Die Energiewende bedeutet einen grundlegenden Umbau unserer Energieerzeugungs- und ?verteilungsstruktur. Momentan leisten wir uns noch einen erheblichen Teil alter nuklearer und fossiler Kraftwerke und bauen gleichzeitig eine neue Struktur für die EE auf. Diese Doppelstruktur kostet viel Geld. Zudem werden Kraftwerkskapazitäten nicht für wenige Jahre, sondern für mehrere Jahrzehnte geplant und installiert. Dabei sollte der Umbau nicht mehr Konzessionen an die alten Strukturen machen als unbedingt nötig, beispielsweise beim Netzausbau. Dieser kann deutlich kleiner ausfallen, wenn der Fokus stärker auf den Bau von Pufferspeichern für Solar- und Windstrom sowie Forschungen zu deren Weiterentwicklung gerichtet wird.

Dezentrale Struktur ist gut für die regionale Wirtschaft

Die neue Energiewirtschaftsstruktur wird deutlich dezentraler und regionaler sein müssen. Das ist gut für den einzelnen Bürger, der sein Haus mit Strom und Wärme vom eigenen Dach versorgt, wie für die regionale Wirtschaft, die Dienstleistungen dazu erbringt, stellte das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung kürzlich in einer Studie fest. Nicht gut für diese Unternehmen ist eine Förderung EE, deren Last sie zusammen mit den Bürgern allein zahlen müssen, während eine immer größer gewordene Zahl von Unternehmen davon befreit wird.

Die Kosten für Ausnahmen steigen

Die Energiewende muss von allen getragen werden, wenn sie nicht die Akzeptanz bei der Bevölkerung verlieren soll, die sie derzeit nach dem Deutschen Energie-Kompass 2013 hat. Dazu ist es nötig, die Ausnahmen für bestimmte stromintensive Unternehmen von der EEG-Umlage deutlich zu reduzieren. Dazu ist es aber auch erforderlich, die niedrigen Strompreise, die an der Strombörse erzielt werden, auch an die Endkunden weiterzugeben.

Laut einer aktuellen Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) summieren sich die Entlastungen für die Industrie auf 14,8 Milliarden Euro für 2013. Im kommenden Jahr sollen es sogar 16,2 Milliarden Euro werden. Das entspricht einer Verdopplung gegenüber 2005, als die Rabatte bei 8,6 Milliarden Euro lagen. Sie setzen sich zusammen aus der Befreiung von der EEG-Umlage, aber auch durch Ausnahmen von Energie- und Stromsteuern oder Netzgebühren. Zu zahlen haben dies die übrigen Stromkunden, also vor allem Privathaushalte, Gewerbe und mittelständische Unternehmen.

Energiesparen und Emissionshandel nicht vergessen

Die Ausnahmeregelungen müssen auf tatsächliche Härtefälle beschränkt werden. Damit können Verbraucher und Mittelstand kurzfristig um einen Milliardenbetrag entlastet und die EEG-Umlage sogar abgesenkt werden.

Mit einem zusätzlichen wiederzubelebenden Fokus auf Energieeffizienz, die weitere Kraftwerkskapazitäten einsparen hilft, würde die Energiewende auf Erfolgskurs bleiben. Zudem muss der Handel mit Emissionsrechten seine ursprünglich angedachte Lenkungswirkung entfalten, indem Verschmutzungsrechte kontinuierlich vermindert werden. Da ist das Engagement deutscher Politik auf europäischer Ebene gefordert ? deutlich stärker als zuletzt.

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